Erfolgreiche interkulturelle Kommunikation

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Hast Du interkulturelle Kompetenz und Kenntnisse über interkulturelle Kommunikation? Andersartigkeit und mangelndes Bewusstsein kultureller Differenzen können zu Konfliktsituationen in der internationalen Zusammenarbeit sowohl auf der wirtschaftlichen, politischen als auch auf der sozialen Ebene führen. Um interkulturelle Begegnungen angemessen zu gestalten, muss daher eine entsprechende Kompetenz entwickelt werden. Interkulturelle Kommunikation ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine berufliche Tätigkeit im Ausland bzw. in Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern.

Interkulturelle Kommunikation bezeichnet den Austausch von Informationen und Meinungen zwischen Menschen, die verschiedenen Kulturen angehören. In interkulturellen Kontexten ist es von grosser Bedeutung, die Beherrschung einer gemeinsamen Sprache zu haben, um Missverständnisse zu vermeiden. Nonverbale Signale, wie Gestik und Mimik, können jedoch auch zu interkulturellen Missverständnissen führen, da sie in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich interpretiert werden können. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein und zu verstehen, dass Verhaltensweisen und Einstellungen in fremden Kulturen anders sein können und dass dies nicht unbedingt bedeutet, dass sie falsch sind. Interkulturelle Kompetenz erfordert eine offene Haltung und die Bereitschaft, andere Sichtweisen zu verstehen und zu akzeptieren.

Ein dynamisches und integratives Bild, das das Konzept der erfolgreichen interkulturellen Kommunikation visuell darstellt. Die Szene zeigt eine diverse Gruppe von Individuen aus verschiedenen kulturellen Hintergründen, die in einem konstruktiven und harmonischen Dialog engagiert sind, möglicherweise in einem multikulturellen Geschäfts- oder Bildungsumfeld. Die Umgebung ist lebendig und positiv, sie stellt einen Raum dar, der offene Kommunikation und gegenseitiges Verständnis fördert. Elemente wie Sprechblasen, digitale Kommunikationswerkzeuge oder symbolische Gesten können einbezogen sein, um die Bedeutung effektiver und respektvoller interkultureller Interaktion zu betonen. Das Bild vermittelt ein Gefühl von Einheit, Zusammenarbeit und der Vielfalt der Perspektiven in interkulturellen Austauschen.

Erfolgsfaktoren einer gelungenen interkulturellen Kommunikation

Im folgenden, etwas längeren Artikel, will ich Dir die Erfolgsfaktoren einer gelungenen interkulturellen Kommunikation aufzuzeigen. Wie kannst Du die Fähigkeit erwerben, Situationen erfolgreich und nachhaltig mitzugestalten, an denen Personen unterschiedlicher Kulturen beteiligt sind? Diese Frage werde ich zunächst allgemein erörtern, bevor ich auf die spezifischen Herausforderungen der Kommunikation zwischen schweizerischen und chinesischen Geschäftspartnern eingehe. China ist inzwischen eine wirtschaftliche Weltmacht und selbst im unteren und mittleren Kader gehören Kontakte zu chinesischen Geschäftsleuten vermehrt zum Alltag.

Ausgangslage

Die Schweiz geniesst in China einen ausgezeichneten Ruf – und das soll auch so bleiben. Dies ist nur durch interkulturelle Kompetenz möglich – musst Du dazu aber gleich einen Studiengang belegen?

Ich denke nicht: Selber wurde ich ins “kalte Wasser” geworfen, denn ich bin kurzentschlossen nach China gereist, um dort eine seltene Art Qi Gong zu lernen. Um aber die Erfolgsfaktoren der interkulturellen Kommunikation zu erarbeiten, müssen zunächst einige grundlegende Begriffe geklärt werden.

Was ist unter dem Begriff “Kultur” zu verstehen?

Die meisten Definitionen beschreiben Kultur als etwas Statisches. Kultur ist jedoch dynamisch zu verstehen als Gesamtheit von Lösungen, welche eine Gruppe von Menschen entwickelt, um sich an das gegebene soziale und natürliche Umfeld anzupassen. (Definition frei nach Thierry Verhelst)

Kultur lässt sich in vier Faktoren unterteilen

A) Umgang der Person mit ihrem natürlichen Umfeld

B) Umgang der Person mit ihrem sozialen Umfeld

C) Umgang der Gruppe mit ihrem natürlichen Umfeld

D) Traditionen, die sich frühere Generationen angeeignet haben.

Es ist zu beachten, dass der Begriff Kultur nicht nur auf Völker bzw. Gesellschaften angewendet wird, sondern auch auf Familien, Unternehmen, Provinzen, Länder, Immigranten, Generationen oder Geschlechter. In diesen Fällen wird von Kulturebenen gesprochen. Werden Kulturen verglichen, muss immer klar sein, auf welcher Ebene dies geschieht.

Aspekte von Kultur

Die Aspekte von Kultur lassen sich sinnbildlich am Beispiel eines Eisbergs illustrieren, da sie – wie beim Eisberg – aus einem sichtbaren und einem unsichtbaren Teil bestehen. Das Wesentliche einer Kultur ist nicht direkt sichtbar, da es sich um ihre Werte, Normen, Tabus, Mythen, Geschichte etc. handelt. Sichtbar sind dagegen Verhalten, Rituale, Architektur, Kunst; hörbar sind z. B. Sprache und Musik. Der unsichtbare und der sichtbare Teil beeinflussen sich gegenseitig. Menschen weisen durch ihre Sozialisation in einer bestimmten Kultur ebenfalls sichtbare und unsichtbare Teile der Persönlichkeit auf, und sie handeln und kommunizieren vor diesem Hintergrund.

Die Herausforderung in der interkulturellen Kommunikation liegt im Verstehen des Anderen. So haben liegen die Unterschiede meistens in den verdeckten Teilen des Eisbergs, d. h. den Werten und Vorstellungen und nicht in den sichtbaren Bereichen. Um das Verhalten und Denken einer anderen Person zu verstehen und nachzuvollziehen, geht es also darum, die verborgenen Bereiche der anderen Kultur zu erfassen.

Beim Eisberg ist der sichtbare Bereich kleiner als der unsichtbare Teil. Um eine interkulturelle Kompetenz zu entwickeln und eine erfolgreiche Kommunikation ist es massgebend den versteckten Teil des Eisberges zu erkennen.

Interkulturelle Wahrnehmung

Das Wahrnehmen der natürlichen und sozialen Umgebung hat einen direkten Einfluss auf die Lösungen, welche Menschen (Gesellschaften, Gruppen, Personen) für ihr Zusammenleben entwickeln. Diese Anpassungsleistungen bringen Werte, Denk- und Handlungsweisen hervor, die nicht allgemeingültig sind.

Die wahrgenommene Wirklichkeit wird anhand eigener Muster, d. h. aus dem verborgenen Teil des Eisbergs interpretiert. Dadurch wird deutlich, dass man der anderen Person, die auch vor dem Hintergrund eigener Denkweisen, Werte und Normen agiert, anfänglich nur bedingt gerecht wird. Um die verborgenen Teile des Eisbergs der anderen Person zu entdecken, hilft die bewusste Auseinandersetzung mit deren Kommunikations-, Werte- und Konfliktbewältigungsmustern. Es ist zentral, die folgenden vier Schritte bewusst zu unterscheiden:

  • Observation: Beobachten heisst, sich Zeit nehmen, um das andere Verhalten wahrzunehmen, ohne es sofort zu werten.
  • Description: Bei guter Beobachtung gelingt anschliessend das Beschreiben dessen, was beobachtet und wahrgenommen wurde. Das Beschreiben beschränkt sich dabei rein auf das Gesehene, das Gehörte (Fakten) und das dabei Empfundene (Gefühle).
  • Interpretation: Ist das Wahrgenommene genau und klar beschrieben, kann ein Versuch der Interpretation unternommen werden, um dem Wahrgenommenen einen Sinn zuzuordnen.
  • Evaluation: Nach den drei Schritten des Verstehens kann zum Einordnen eine Beurteilung dessen vorgenommen werden, was gesehen, beschrieben und interpretiert wurde.

Diese vier Stufen der interkulturellen Wahrnehmung (O.D.I.E.) haben sich in den Lehrbüchern zur interkulturellen Kommunikation als wirksames Hilfsmittel etabliert, um sich in einem neuen kulturellen Umfeld der Andersartigkeit (dem verborgenen Teil des Eisbergs) bewusst zu werden und diese respektvoll zu interpretieren.

Interkulturelle Kommunikation

„Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Paul Watzlawick) und ist deshalb zwangsläufig in Kontakt mit seiner natürlichen und sozialen Umgebung. Kommunikation besteht aus verbalen und nonverbalen Anteilen, die eine Einheit bilden. Eine Mitteilung enthält immer Aussagen zur Sache und zur Beziehung der Kommunizierenden.

Eine der grössten Herausforderungen in der interkulturellen Interaktion ist die Akzeptanz und der Respekt gegenüber andersartigen Kommunikationsstilen. So liegen Mitteilungen in distanzbetonten Kulturen stark im verbalen Bereich, während sie in nähebetonten Kulturen viele Hinweise im nonverbalen Bereich enthalten. Das Beherrschen des Kommunikationsstils des Gegenübers ist einer der Schlüssel für ein angemessenes Verhalten in interkulturellen Begegnungen.

Unterschiedliche Kommunikationsstile

Unterschiedlichen Kommunikationsstile zu erkennen, zu verstehen und auch anzuwenden sind Teil der interkulturellen Kompetenz.

Direkte vs. indirekte Kommunikation

Beim direkten Kommunikationsstil liegt der Sinn einer Mitteilung in den Worten selbst. Ziel ist die Klarheit der Aussage. Sie wird so präzise und unmissverständlich wie möglich wiedergegeben. Im indirekten Kommunikationsstil findet sich das Wichtigste hingegen zwischen den Zeilen. Der Empfänger muss den Sinn der Mitteilung aus den gewählten Worten herauslesen. Viele (nicht-westliche) Kulturen pflegen diesen Stil, oftmals kombiniert mit einer zirkulären Kommunikationsweise, um das Gegenüber in kritischen Situationen das Gesicht wahren zu lassen und um die Harmonie der Gruppe zu erhalten.

Die interkulturellen Herausforderungen liegen hier darin, das Verhalten des Gegenübers nicht aufgrund seines Kommunikationsstils zu bewerten (z.B. er/sie lügt oder verheimlicht etwas), zu erfassen worum es in der indirekten Kommunikation tatsächlich geht (Sinn zwischen den Zeilen lesen) sowie die Wirkung der eigenen, direkten Ausdrucksweise abschätzen zu können.

In der chinesischen Kultur ist die indirekte Kommunikation vorherrschend. So sollte auf jeden Fall ein direktes “Nein” gegenüber dem Gesprächspartner vermieden werden. Lächeln, Schweigen und selbst Nicken bedeuten nicht automatisch ein Einverständnis. Sogar ein eindeutiges “Ja” bedeutet oftmals keine Zustimmung.

Lineare vs. zirkuläre Kommunikation

Die lineare Kommunikationsweise führt zu einer klaren Folgerung, welche die Essenz der Mitteilung ist und explizit ausgedrückt wird. Die zirkuläre Kommunikationsweise verwendet dagegen Elemente des Kontextes, um das Ganze zu erfassen. Das Gegenüber muss die entscheidenden Punkte innerhalb der locker zusammengestellten Informationen selber verbinden, um die Essenz der Mitteilung herauszufiltern. Das Gesicht und die Harmonie der Gruppe zu wahren, ist auch hier oft sehr zentral.

Die interkulturelle Herausforderung liegt darin, dem Gegenüber, das einen zirkulären Kommunikationsstil pflegt, zuzuhören, ohne es zu drängen, “auf den Punkt” zu kommen, und aufgrund des zirkulären Stils nicht auf persönliche Merkmale (z.B. Intelligenz der sprechenden Person) zu schliessen.

Auch hier sollte man in China Vorsicht walten lassen: Chronologie und zeitliche Abläufe haben in China nicht den gleichen Stellenwert wie in Europa.

Verbale vs. nonverbale Kommunikation

Andere Kulturen, welche direkter sind, konzentrieren sich in erster Linie auf die verbale Seite der Kommunikation. Gerade westliche Sprachen bauen auf den verbalen der Mitteilung und vernachlässigen dadurch oft die nonverbale Komponente. So stellt Dich vor allem die nonverbale interkulturelle Kommunikation vor viele Herausforderungen.

Die interkulturelle Herausforderung liegt hier darin, nonverbale Kommunikation im jeweiligen Kontext lesen zu können sowie die eigenen nonverbalen Gewohnheiten zu kontrollieren (z.B. je nach Kultur die linke Hand nicht benutzen). Am Beispiel China: Es wird mit der rechten Hand gegessen und geschrieben: selbst Linkshänder schreiben mit rechts. Ein Geschenk, sowie eine Visitenkarte wird mit beiden Händen überreicht.

Hier zeigt sich auch, dass die chinesische nonverbale Kommunikation von fehlgedeutet werden kann: Ein Lächeln drückt nicht automatisch Freude oder Zustimmung aus, sondern kann auch Ausdruck von Verlegenheit, Unwohlsein und sogar eine Reaktion auf Verärgerung und Stress sein. Ein gesenkter Kopf hingegen ist ein Zeichen von Respekt und Hochachtung.

Ausdrücken von Emotionen in der interkulturellen Kommunikation

Emotionen sind in Kollektivkulturen ein wichtiger Teil der Kommunikation. Gefühle auszudrücken, führt zu Nähe und zu hoher Empathie zwischen den Gruppenmitgliedern. Personen, die Emotionen ausdrücken, erwarten vom Gegenüber in der Regel ebenfalls eine Annäherung. Oft werden Emotionen zwischen den Zeilen oder im nonverbalen Teil der Kommunikation (z. B. mittels Berührungen) ausgedrückt. Der Unterscheidung von Inhalts- und Beziehungsaspekt kommt daher in einer Mitteilung ein besonderes Gewicht zu. In nähebetonten Kulturen ist der Beziehungsaspekt mindestens so wichtig wie der Inhaltsaspekt.

Das Loslösen der Person von der Gruppe hat in distanzbetonten Kulturen in der Kommunikation auch zu einer Ablösung von Emotion und Inhalt der Mitteilung geführt. Das Kommunikationsverhalten ist meist von emotionsfreien, direkten verbalen Mitteilungen geprägt. Das Vernachlässigen der nonverbalen Komponente beeinflusst die Fähigkeit zu Empathie.

In Kulturen, die zum Ausdruck von Emotionen ermutigen, stärkt die Sichtbarkeit der Gefühle die Beziehung. Das Gegenüber wird durch das Zeigen von Gefühlen ernstgenommen, was zu Vertrauen führt. Kulturen, die im Ausdruck von Gefühlen sehr zurückhaltend sind, respektieren den Raum des Gegenübers. Umgegangen wird mit Emotionen, indem sie verinnerlicht werden. Der explizite Ausdruck von Gefühlen wird als mangelnde Selbstkontrolle und Reife oder als mangelnder Respekt wahrgenommen.

Die interkulturelle Herausforderung liegt darin, über die Ausdrucksweise der Gefühle keine Wertung des Gegenübers vorzunehmen und mit den eigenen Gefühlen umzugehen und echte Empathie zu zeigen.

Umgangssprache in der interkulturellen Kommunikation

Zusätzliche Hindernisse in der interkulturellen Kommunikation entstehen durch den Gebrauch einer Umgangssprache (meist Englisch), welche für keine der beteiligten Personen die Muttersprache ist. Worte haben in diesem Fall oft weder einen völlig deckungsgleichen Inhalt noch eine völlig übereinstimmende Bedeutung. Zudem verlieren Mitteilungen auf der emotionalen Ebene an Gehalt.

Auch diesem Aspekt ist in interkulturellen Begegnungen und Geschäftsbeziehungen mit chinesischen Partnern Rechnung zu tragen.

Kulturelle Wertemuster

Wertemuster basieren auf Sozialstrukturen und Sozialdynamik. Sie beinhalten die Idealvorstellungen einer Gesellschaft zu Fragen der Beziehung von Person und Gruppe zu ihrer natürlichen Umgebung. Kulturelle Werte gehören zum verdeckten Teil der Kultur; sie spielen aber eine entscheidende Rolle im Denken und Verhalten von Personen.

Person – Gruppe (Individual- vs Kollektivgesellschaften)

Ein entscheidender Unterschied zwischen westlich geprägten Kulturen und mehrheitlich nicht westlichen  Kulturen (Asien, Afrika) ist die Einbindung der Person in die Gruppe. In  nichtwestlichen Kulturen ist die Person in erster Linie Mitglied der Gesellschaft. Ihr Status ist vor allem durch Rechte und Pflichten gegenüber der Gruppe bestimmt. In westlich geprägten Kulturen hat sich die Person hingegen weitgehend aus der Gruppe gelöst. Sie hat sich von Natur und Gesellschaft distanziert und sich eine persönliche Eigenständigkeit geschaffen, die sich durch individuelle Rechte und Freiheiten kennzeichnet.

Es kann somit weltweit eine Unterscheidung in Individual- und Kollektivgesellschaften gemacht werden.

Die Einbindung der Person in die Gruppe ist Voraussetzung für nähebetonte Kulturen. Die Eigengruppe steht deutlich im Vordergrund und setzt sich markant von Fremdgruppen ab. Nähe bringt Emotionen ins Spiel und führt zu unmittelbar erlebten, mit allen Sinnen wahrgenommenen Situationen. Diese Unmittelbarkeit schafft jedoch Mühe mit Analyse und Abstraktion. Viele Kollektivkulturen arbeiten deshalb in der Kommunikation mit Metaphern. Zeitliche Nähe (Betonung des Hier und Jetzt) erschwert zudem eine strategische Sicht. Die Zukunft wird unabhängig von der Gegenwart als Vision gesehen und verstanden. Das Verweilen im Hier und Jetzt befördert ein gutes Verständnis einer aktuellen Situation.

Das Individuum in unterschiedlichen Kulturen

Das Hervorheben des Individuums charakterisiert distanzbetonte Kulturen (mehrheitlich in der westlichen Welt). Distanz ermöglicht ein logisch-rationales Verständnis der Wirklichkeit und ist Grundlage von Analyse und Abstraktion. Dies erlaubt ein gutes strategisches Planen. Die Zukunft wird linear aus der Gegenwart abgeleitet. Nachteil ist ein Mangel an Verständnis für eine aktuelle Situation. Emotionen werden weitgehend vermieden, da sie Schwierigkeiten bereiten können.

Gleiche Strukturen können in unterschiedlichen Kulturen andere Gewichtungen haben. So hat z. B. die Familie hat in einer Kollektivkultur oft einen höheren Stellenwert als in der Individualgesellschaft. Auch die Fragen „Wer bin ich?“, „Was kann ich entscheiden?“ Und „Welche Verantwortung trage ich?“ Führen unter diesen Umständen zu unterschiedlichen Antworten.

Interkulturelle Kommunikation mit China

China ist eine ausgeprägte Kollektivgesellschaft, in der die kleinste politische Einheit nach wie vor die Familie darstellt. Die Fragen um die chinesische Führung lassen sich auch heute noch vor dem Hintergrund von familiären Clanstrukturen erklären, wobei der Clan neben der Familie immer auch engste Freunde eingeschlossen hat. Der Staat wird dabei als oberste Interessenvertretung der Gemeinschaft gesehen; eine Trennung der Gewalten im westlichen Sinn hat hie stattgefunden. Politik, Wirtschaft, Rechtswesen und Gesellschaft bilden ein geschlossenes, durch personelle Strukturen gefestigtes Ganzes.

Im Sozialverhalten sind die Einflüsse von Bevölkerungsdichte und psychischer Enge deutlich zu spüren. Die chinesische Sozialisation ist durch die Rücksicht auf andere Familienmitglieder gekennzeichnet, nicht jedoch gegenüber Aussenstehenden. Gruppenzugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit sind entscheidende Merkmale für das Verhalten. Die Philosophie des Konfuzianismus ist im Kontext der Clangesellschaft zu sehen und hat sich nie auf die Gesamtgesellschaft bezogen. Solidarität wird daher nur innerhalb der Gruppe empfunden, während gegenüber Aussenstehenden ein reiner Überlebenskampf dominiert, der sich in oft rücksichtslosem Verhalten äussert.

Absolute vs. situative Ethik

In distanzbetonten Kulturen sind Ethik und Moral wie das Recht verabsolutiert und gelten auf der höchsten Ebene der Gesellschaft, dem Staat. Für alle Personen zählen dieselben Gesetze. Im Vergleich zu Gerechtigkeit werden Situationen und persönliche Beziehungen als sekundär eingestuft.

In nähebetonten Kulturen sind Ethik und Moral hingegen vor allem auf die konkreten Normen der Gruppe bezogen, die Vorrang vor den abstrakten Gesetzen des Staates haben. Die Person wird durch eine Beziehungsethik geleitet und handelt im Moralbereich situativ. Was in einer Situation richtig ist, muss es in einer anderen nicht sein. In schwierigen Situationen wird der Personenloyalität in der Regel der Vorzug gegeben.

Diese situative, personenbezogene Ethik ist auch in China vorherrschend. Die Normen der Gruppe, zu der sich eine Person zugehörig fühlt, spielen eine wichtigere Rolle als staatliche Regeln und Gesetze. Dies ist auch ein Grund, dass Korruption in China weit verbreitet ist.

Unterschiedliche Zeitvorstellungen (Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft)

Der kulturelle Hintergrund einer Person prägt auch ihre Beziehung zur Zeit. Sie wird ihre Prioritäten an ihren Zeitvorstellungen ausrichten. Den einen ist es wichtig zu erhalten, was die Vorfahren geschaffen haben, und diese Errungenschaften weiterzuentwickeln. Andere leben im Hier und Jetzt. Die Dritten legen ihr Gewicht auf die Vorbereitung der Zukunft.

Nähebetonte Kulturen leben mehrheitlich im Hier und Jetzt und haben ein punktuelles Zeitverständnis. Die Zukunft wird unabhängig von der Vergangenheit und Gegenwart als Vision gesehen. Es besteht ein grosses Vertrauen, dass die Zeit das Realisieren der Vision ermöglicht und die Person ihre Fähigkeiten im richtigen Moment einzusetzen weiss. Dieses Zeitverständnis gilt auch für China – daher ist eine Terminplanung im «europäischen Stil» für einen Chinesen eine Herausforderung.

Distanzbetonte Kulturen sehen die Zeit als linearen Ablauf, der aus der Vergangenheit in die Gegenwart führt und über diese in eine planbare Zukunft mündet. Dabei zeigen sie die Tendenz, Vergangenheit und Gegenwart zugunsten der Zukunft zu vernachlässigen.

Aufgabenorientierung vs. Mitarbeiterorientierung

In westlichen, distanzbetonten Gesellschaften steht die Aufgabenorientierung im Vordergrund. Dabei zählen für das Erreichen der vereinbarten oder vorgegebenen Ziele in erster Linie die Eigeninitiative der Mitarbeitenden. Es ist daher kein Zufall, dass “Management by Objectives” in diesen Kulturen zum vorherrschenden Führungsinstrument geworden ist.

In nähebetonten Kulturen werden Arbeiten und Projekte mit einer Personenorientierung verfolgt, d.h. die Mitarbeiterorientierung steht im Vordergrund. Die Zielerreichung basiert dabei auf einer Vertrauensbasis. Das Gewicht liegt auf den Beziehungen, die gepflegt werden müssen. Personen werden mittels “Caring” und “Coaching” geführt. Auch in China ist der Führungsstil eher mitarbeiterorientiert. Der Chef gilt Vorbild und Integrationsfigur. Das Verhältnis zu den Mitarbeitern ist von Fürsorglichkeit und Loyalität geprägt.

Hierarchieverständnis in der interkulturellen Kommunikation

Westliche Gesellschaften haben egalitäre Sozialstrukturen geschaffen, in denen die Gleichheit der Bürger ein zentraler Wert ist. Es gibt zwar auch hier klare Hierarchien, die aber eher „flach“ sind. In diesem Hierarchieverständnis sind Chefs direkt ansprechbar und in der Regel offen für Feedbacks von Mitarbeitenden.

Kollektive Gesellschaften sind Clan-Gesellschaften. Der Famlienclan ist stark hierarchisiert. Normalerweise steht ein Patriarch an dessen Spitze. In diesen Gesellschaften sind Hierarchien offensichtlich. In einem vertikalen Hierarchieverständnis sind Vorgesetzte für die Mitarbeitenden oft nicht direkt ansprechbar. Die Chefs haben jedoch in der Regel einen ausgeprägten Sinn für ihre Fürsorgeverantwortung.

Die chinesische Gesellschaft ist als typische Kollektivgesellschaft durch streng hierarchische Strukturen gekennzeichnet. Führungspersonen bzw. hochrangige Vertreter in Politik und Wirtschaft werden Respekt und Ehrerbietung geschuldet; sie dürfen nicht unter Druck gesetzt werden und sind für rangniedrige Personen und Mitarbeiter in der Regel nicht direkt zugänglich. An dieser Stelle ist auch zu beachten, dass dem älteren «Gegenüber» Respekt und Hochachtung entgegengebracht werden muss.

Interkulturelle Konfliktsituationen

Interkulturelle Konfliktsituationen entstehen durch das Aufeinandertreffen von unterschiedlichen Verhaltensmustern und Wertvorstellungen. Kennt die Person die Muster vor Ort nicht, verhält sie sich nach ihren eigenen Mustern und Vorstellungen. Die Person aus der Gastkultur nimmt dagegen an, dass der Gast die lokalen Gepflogenheiten kennt. Ein Fehlverhalten schafft deshalb Unmut und Missverständnisse oder kann sogar als Absicht und damit als Beleidigung aufgefasst werden.

Die Art der Konfliktbewältigung ist von Kultur zu Kultur verschieden und orientiert sich an den Wertemustern der jeweiligen Gesellschaft. So kann bereits die Auffassung darüber, was ein Konflikt ist, sehr verschieden sein. Die Methode, Konflikte offen und direkt anzugehen und für die Konfliktregelung allenfalls einen Mediator oder ein Schiedsgericht beizuziehen, ist nicht universell. In vielen Kulturen besteht die Auffassung, dass ein Konflikt unter den direkt Betroffenen gelöst werden muss, ohne die breitere Gesellschaft zu belasten.

Die 3 Dimensionen des Konflikts (nach Michelle LeBaron)

  • Materielle Dimension

Was ist das Sachproblem? Wie wird es am besten gelöst?

Praxisbeispiel: Körperverletzung als Straftatbestand vs. Anklage der herrschenden Familie

  • Beziehungsdimension: Wer wird involviert? Was für Lösungen bieten sich an?

Praxisbeispiel: Gleiches Recht für alle vs. Verlässliche Beziehungen schliessen einen öffentlichen Gesichtsverlust aus

  • Symbolische Dimension: Was sind die Ursachen des Problems? (Werte, Denkweisen)

Praxisbeispiel: Rechtsgleichheit, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Meinungs- und Pressefreiheit vs. Unantastbarkeit der herrschenden Familie, heikle Themen werden äusserst diskret angesprochen

In multikulturellen Teams habe die Mitglieder in Konflikten jeweils andere Antworten auf die Fragen, die sich in den 3 Dimensionen stellen. Interkulturelle Kompetenz erlaubt, das Problem auch mit den Augen der anderen Kultur zu sehen und eine Lösung zu finden, die auf diese Kultur eingeht, aber auch Brücken zur eigenen Kultur zu schlagen vermag.

4 Arten von Konfliktstilen (nach Mitch Hammer)

  • Konflikt wird direkt angesprochen
  • Konflikt wird nur indirekt angesprochen
  • Emotionen werden gezeigt
  • Emotionen werden verinnerlicht

Konfliktparteien sind sich ihrer kulturellen Unterschiede oft nicht bewusst. Sie können daher weder auf die anderen Konfliktmechanismen reagieren noch auf diese eingehen. Dadurch besteht ein ungewolltes Risiko der Eskalation. 

Die interkulturelle Herausforderung besteht darin, unterschiedliche Konfliktstile zu erfassen und richtig zu interpretieren sowie andersartige Konfliktmechanismen zu akzeptieren.

Auch in China werden Konflikte meist nur indirekt angesprochen. Emotionen werden nicht nach aussen gezeigt: daher ist deren Intepretation für einen “Weiguo-ren” (Ausländer) schwierig.

Schlussfolgerungen

Was ist nun eigentliche “interkulturelle Kompetenz”? Neben dem Wissen um die kulturellen Dimensionen, welche in Kapitel 2 behandelt wurden, ist auch eine interkulturelle Sensibilität Voraussetzung für interkulturelle Kompetenz, d.h. die Einsicht und das Bewusstsein, dass verschiedenen Kulturen unterschiedliche Antworten auf gleiche Fragen haben. Interkulturelle Kompetenz entsteht aber letztlich erst aus der praktischen Erfahrung, d.h. dem sich Einlassen auf Begegnungen und Situationen. Zentral ist dabei die Integration und Sozialisation in der Gastgesellschaft. Die Reflexion gemachter Erfahrungen ermöglicht es zunehmend, interkulturelle Begegnungen angemessen zu gestalten.

Interkulturelle Kompetenz ist demnach die Fähigkeit, in interkulturellen Situationen effektiv zu kommunizieren und die erworbenen Kenntnisse über die Gastgesellschaft auf der Wissens-, der Gefühls- und der Verhaltensebene so anzuwenden, dass ein wirksames Handeln in den unterschiedlichsten interkulturellen Begegnungen entsteht. Interkulturelle Kompetenz ist auch ein Schlüssel für die Entwicklung einer “globalen Intelligenz”. Dieses von Andreas Dudas entwickelte Konzept zählt eine erfolgreiche Kommunikation sowie die Wertschätzung der Andersartigkeit zu den Hauptpfeilern.

Empfehlungen

Aus den bisher gewonnenen Erkenntnissen lassen sich folgende Empfehlungen und Massnahmen für eine erfolgreiche interkulturelle Kommunikation ableiten:

  • Erster Schritt: Selbstreflexion, sich der kulturellen Unterschiede bewusst werden, sich Kenntnisse über die Kultur des Geschäftspartners aneignen

Verschiedene Kommunikationsstile beherrschen

  • Fähigkeit, in einer bestimmten Situation die beabsichtigte Mittelung aus einer indirekten Kommunikation herauszuspüren; bewusste Wortwahl, um in einem indirekten Kontext nicht unanständig und verletzend zu wirken
  • Fähigkeit, in einer bestimmten Situation die Essenz einer zirkulären Kommunikation zu erfassen
  • Bewusstsein der kulturellen Dimension des Nonverbalen, welche nicht universell ist
  • Fähigkeit, die Mitteilungen des Gegenübers im nonverbalen Teil der Kommunikation zu erfassen und treffend zu interpretieren
  • Stimmiges Anpassen des eigenen, nonverbalen Anteils der Kommunikation an die Gegebenheiten der Gastkultur
  • Fähigkeit, dem Gegenüber echte Empathie zu zeigen
  • Stimmiger Ausdruck der eigenen Gefühle in unterschiedlichen kulturellen Kontexten
  • Unterschiedliche kulturelle Wertemuster erkennen und sein Verhalten/seinen Führungsstil entsprechend anpassen:
  • Fähigkeit, im gegebenen Kontext zu unterscheiden, wann Mitarbeitende ihre eigenen Bedürfnisse und wann sie die Bedürfnisse der Gruppe priorisieren (müssen)
  • Wissen, wie im gegebenen Kontext das Vertrauen und die Akzeptanz der Mitarbeitenden erworben werden kann, damit sie sich der Gruppe zugehörig fühlen können
  • Wissen, wo die Loyalität der Mitarbeitenden/Geschäftspartner in schwierigen Situationen liegt
  • Akzeptanz eines anderen Zugangs zu Moral und Ethik (situative vs absolute Ethik)
  • Aufbau von tragfähigen Beziehungen, welche zu  Loyalität verpflichten
  • Verstehen, dass die Vergangenheit und/oder das Hier und Jetzt für Geschäftspartner und Mitarbeiter aus einem anderen Kulturkreis wichtiger sein können als das Planen der Zukunft
  • Verstehen, dass ein anderes Zeitverständnis nichts mit einem mangelnden Engagement der Mitarbeitenden zu tun haben muss (Beispiel: sich auf eine “rollende Planung” einlassen, die keine hundertprozentige Kontrolle zulässt)
  • Bei der Organisation eines interkulturellen Teams werden die unterschiedlichen Zeitbegriffe in die Aktivitäten miteinbezogen
  • Wissen, wie die Gastgesellschaft fremde Personen integriert und Fähigkeit, diese Mechanismen an die Arbeitssituation anzupassen (Beispiel: Wissen, das Beziehungspflege kein Zeitverlust, sondern eine Notwendigkeit für die gute Arbeit der Mitarbeitenden ist)
  • Wissen, inwiefern Geschlecht, Alter, Ausbildung, Funktion etc das Verständnis für Hierarchiestrukturen prägen.
  • Fähigkeit, objektiv auf die positiven Aspekte des vorherrschenden Hierarchiegefüges zu schauen und dessen Vorteile anzuerkennen

Erfolgreicher Umgang mit interkulturellen Konfliktsituationen

  • Fähigkeit, Konflikte zu erkennen und die verschiedenen Dimensionen eines Konfliktes zu differenzieren und auszuloten. Lese hierzu meinen Artikel über den Umgang mit schwierigen Menschen.
  • Wissen, wie im Gastland mit Konflikten umgegangen wird.
  • Klarheit über den eigenen Konfliktstil und Fähigkeit, ein Gleichgewicht zwischen dem eigenen und dem im Gastland üblichen Konfliktstil zu finden.

Xi Jinping, Präsident der Volksrepublik China besuchte im 2017 die Schweiz und zitierte den Schweizer Dichter Carl Spitteler:

Menschen zu finden, die mit uns fühlen und empfinden, ist wohl das schönste Glück auf Erden.

Xi Jinping, Präsident der Volksrepublik China

Ich hoffe, diese Zusammenfassung über interkulturelle Kompetenz und interkulturelle Kommunikation im Speziellen hat Dir weitergeholfen. Da das Meiste von dem Wissen nicht auf meinem Mist gewachsen ist, hast Du hier noch die Quellenangaben:

  • The SAGE Handbook of Intercultural Competence, Deardorff Darla K. (Ed.), Sage Publications, Los Angeles, 2009
  • The geography of thought: how Asians and Westerners think differently … and why, Richard E. Nisbett, Free Press, New York, 2003
  • Kultur, Raum und Zeit – Ansätze zu einer vergleichenden Kulturtheorie, Hans Jakob Roth,  Nomos, Baden-Baden, 2013
  • Interkulturelles Management, N. Bergemann/A.L. Sourisseau (Hrsg.), Springer, Berlin, 2003
  • Skript “Erfolgsfaktoren Internationalisierung”, Andreas Dudas, PHW, Wintersemester 2016/2017
  • Schulungsunterlagen China und Japan für das Bachelorstudium im Internationalen Management, Rolf Maag, PHW, Wintersemester 2016/2017

Die Arbeit ist im Rahmen meines EMBA an der PHW in Bern entstanden und ich hatte beschränkt Zeit für die Recherche. Ich erhebe nicht den Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit – falls ich also eine Quelle vergessen haben sollte oder Du der Meinung bist, dass etwas nicht korrekt ist, dann sende mir eine E-Mail oder hinterlasse einen Kommentar.

Marc Dietschi ist ein erfahrener Meditationslehrer & Berater, der sich leidenschaftlich dafür einsetzt, Menschen zu helfen, ihr Leben positiv zu verändern.

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